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Kol­ja Zyda­tiss: Can­cel Cul­tu­re — Demo­kra­tie in Gefahr

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Fast 80 Pro­zent der Deut­schen trau­en sich laut einer Allens­bach-Umfra­ge nicht, zu bestimm­ten The­men offen ihre Mei­nung zu sagen.

Denn man erlebt immer häu­fi­ger, wie Men­schen auf­grund ihrer Mei­nung aus ihrem Job gedrängt, von Ver­an­stal­tun­gen aus­ge­la­den oder gar kör­per­lich ange­grif­fen wer­den. Podi­ums­dis­kus­sio­nen, Lesun­gen und Semi­na­re müs­sen abge­sagt oder abge­bro­chen wer­den, weil radi­ka­le Grup­pen ran­da­lie­ren oder mit Kra­wall dro­hen. Ver­la­ge wer­den gedrängt, Bücher nicht her­aus­zu­brin­gen oder sich von Autoren zu tren­nen. Jeder kennt die The­men, bei denen man vor­sich­tig sein muss. Zum Fall­strick wer­den kann mitt­ler­wei­le fast alles, u. a. alber­ne Wit­ze, unüber­leg­te „Likes“, pri­va­te Kon­tak­te zu unlieb­sa­men Per­so­nen, sogar sach­lich vor­ge­tra­ge­ne Kri­tik an der Regierungspolitik.

Seit eini­gen Mona­ten wird die­ses Aus­gren­zen und Stumm­schal­ten zumeist kon­tro­ver­ser, aber recht­lich von der Mei­nungs­frei­heit gedeck­ter Äuße­run­gen auch im deutsch­spra­chi­gen Raum als „Can­cel Cul­tu­re“ bezeich­net. Das Buch von Kol­ja Zyda­tiss beleuch­tet anhand vie­ler Bei­spie­le die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Phä­no­mens, die enor­me Band­brei­te der betrof­fe­nen Per­so­nen, Orga­ni­sa­tio­nen und Lebens­be­rei­che, sowie die Viel­falt der Ein­schüch­te­rungs­me­tho­den. Es wird gezeigt, wie die Can­cel Cul­tu­re zu einer Atmo­sphä­re der Angst bei­trägt, in der sich die über­wie­gen­de Mehr­heit der Deut­schen nicht traut, zu bestimm­ten The­men offen ihre Mei­nung zu sagen.

Kol­ja Zyda­tiss argu­men­tiert, dass im Wes­ten schon lan­ge nicht mehr radi­ka­le Mas­sen­be­we­gun­gen wie Faschis­mus oder Kom­mu­nis­mus die größ­te Gefahr für die Demo­kra­tie dar­stel­len. Mit der Demo­kra­tie hadern heu­te v. a. poli­tisch eher „mit­tig“ den­ken­de Aka­de­mi­ker, die Poli­tik als Exper­ten­hand­werk ver­ste­hen und „nor­ma­le“ Bür­ger für unauf­ge­klärt und rück­stän­dig hal­ten. Die Metho­den von Anti­fa und Co. wer­den von die­sen ton­an­ge­ben­den Krei­sen zwar nicht unbe­dingt gut­ge­hei­ßen, man teilt aber eini­ge Grund­an­nah­men. So die Vor­stel­lung, dass die freie Rede ein­ge­schränkt wer­den müs­se, um Min­der­hei­ten zu schüt­zen, und die Über­zeu­gung, dass offe­ne Debat­ten gefähr­lich sei­en, weil „die Mas­sen“ von Dem­ago­gen ver­führt wer­den könnten.

Obwohl das Estab­lish­ment die Demo­kra­tie stän­dig rhe­to­risch beschwört, tole­riert oder beför­dert es fak­tisch sogar deren Ver­ar­mung, nicht nur durch die Can­cel Cul­tu­re. Das Buch plä­diert für eine Wie­der­be­sin­nung auf die Mei­nungs­frei­heit – also den frei­en Fluss von Ideen und Argu­men­ten – als dem Fun­da­ment einer wirk­lich demo­kra­ti­schen Gesellschaft.

Kol­ja Zyda­tiss:Can­cel Cul­tu­re

Demo­kra­tie in Gefahr

Soli­bro Ver­lag 2021, 

Bro­schur, 184 Seiten, 

ISBN 978–3‑96079–086‑0

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